Die vier Prüfsteine von Investoren beim Unternehmenskauf

Ein Unternehmen ist dann verkaufbar, wenn es einen Käufer gibt. Aus Sicht des Verkäufers reicht es völlig aus, wenn es lediglich einen passenden Käufer gibt. Jedoch ist es nicht nur aus verhandlungstheoretischer Sicht empfehlenswert, das Unternehmen so aufzustellen, dass mehrere Käufer ernsthaftes Interesse zeigen.

Gerade zu Beginn der Verhandlungen über eine Anteilsübernahme besteht in der Regel eine sog. Informationsasymmetrie zwischen den Parteien: Der Verkäufer hat viele Informationen über Unternehmen und Markt, der (potentielle) Käufer nur wenige. Damit der Käufer eine informierte Entscheidung über einen angemessenen Preis und weitere Vertragsbedingungen treffen kann, muss er diese Asymmetrie auflösen. Zu diesem Zweck  stellt er dem Verkäufer regelmäßig Fragen, die zunächst wie Misstrauen oder Kritik wirken können, bei näherer Betrachtung aber genau das Gegenteil signalisieren.

Für den Käufer bedeutet der Unternehmenskauf eine beträchtliche Investition – er ist es daher seinen Geldgebern und sich selbst schuldig, vor einer Investitionsentscheidung alle Nuancen des Zielunternehmens und seines Geschäftsmodells zu verstehen. Auch wenn ein Käufer zu der Erkenntnis kommt, dass das zum Verkauf stehende Unternehmen nicht in sein Profil passt, wird dies vom Verkäufer gelegentlich  als Kritik an seiner unternehmerischen Leistung aufgefasst. Statt die detaillierten Nachfragen und Absagen als Kritik abzutun, ist es für den Verkäufer deshalb deutlich produktiver, sie als wertvolle Signale im Verkaufsprozess zu betrachten.

Ziel des Verkaufsprozesses ist es eben nicht, einem unwilligen Käufer das Unternehmen durch eine geschliffene “equity story” und selektive Information attraktiv erscheinen zu lassen, sondern im Rahmen eines gegenseitigen offenen Abtastens zu schauen, ob und inwiefern das eigene Unternehmen zum Risiko- und Entwicklungsprofil des Käufers passt. Sämtliche, auch und vor allem kritische, Nachfragen sollten daher von Verkäuferseite als positives Zeichen gewertet und entsprechend detailliert beantwortet werden. Viel prekärer wäre es, wenn der Käufer keine Nachfragen stellte. 

Die vier großen Prüfsteine beim Unternehmenskauf

Um also im Universum der potentiellen Käufer auf eine möglichst große Resonanz zu stoßen und damit die Verkaufschancen und den möglichen Erlös zu erhöhen, empfiehlt es sich, das eigene Unternehmen anhand der folgenden Dimensionen zu prüfen und schon vor dem Verkauf etwaige Optimierungspotentiale zu realisieren. Die Dimensionen, die wir an dieser Stelle näher beleuchten wollen sind:

  1. Organisation

  2. Umsatz

  3. Kosten

  4. Bilanz

Organisation

Eine Organisation besteht aus formalisierten Prozessen, die einzelne Funktionen miteinander in einem definierten zeitlichen Rahmen arbeitsteilig ausführen. Anhand der Organisation des Unternehmens lässt sich, ähnlich einer Konstruktionsbeschreibung, nachzuvollziehen, wie das Unternehmen funktioniert. Gleichzeitig machen klar definierte Aufgaben und Prozesse die Organisation immun gegen die  Abhängigkeit von Einzelpersonen, die aufgrund intransparenten Spezialwissens um die Funktionsweise der Organisation nicht austauschbar wären.

Je kleiner das Unternehmen, desto weniger formalisiert sind häufig die organisatorischen Strukturen. Fest definierte und dokumentierte Zuständigkeitsbereiche, detaillierte Stellenbeschreibungen und Organigramme sind meist erst dann notwendig, wenn ein Unternehmen auf über 40 Mitarbeiter wächst. Oftmals entscheiden sich Unternehmensgründer in diesem Entwicklungsstadium, dass sie diesen nächsten Schritt der Professionalisierung nicht gehen, sondern das “familiäre Umfeld” – sei es auch etwas unstrukturiert – bewahren möchten. Diese Entscheidung hat  häufig erst dann negative Konsequenzen, wenn der Verkauf des Unternehmens vorbereitet wird. Für potentielle Käufer ist es unerlässlich zu verstehen, wie und von wem im Zielunternehmen Entscheidungen getroffen werden. Können Zuständigkeiten und Prozesse nicht klar identifiziert werden, ist dieser Umstand selbst schon ein adverses Signal. 

VERTRIEB

Die Vertriebsorganisation ist als notwendige Erfolgsbedingung eines Unternehmens für jeden potentiellen  Investor von hoher Relevanz in der Beteiligungsentscheidung. Bei kleineren Unternehmen bündelt häufig allein der Geschäftsführer ein tiefes Produktwissen mit der Autorität des Letztverantwortlichen und ist daher selbst als “erster Verkäufer” maßgeblich in die Vertriebstätigkeiten involviert. 

Soll das Unternehmen verkauft werden, ist es daher unerlässlich, zu prüfen, wie abhängig der Vertriebserfolg von der Person des Geschäftsführers ist – und wie er auch nach seinem Rückzug gesichert werden kann. 

Verhindert werden kann die Abhängigkeit vom Geschäftsführer u.a. durch einen strukturierten und rigoros dokumentierten Verkaufsprozess, detaillierte und aussagekräftige  Verkaufsunterlagen und Gesprächsfäden sowie exzellent geschultes Vertriebspersonal. So erhöht das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit, dass sein Produkt auch ohne die Strahlkraft und Beziehungen des aktuellen Geschäftsführers oder einiger weniger “Star”-Vertriebler im Markt bestehen kann – und macht es potentiellen Investoren leichter, das Geschäft und die Organisation zu bewerten. 

VERANTWORTLICHKEITEN

Ähnlich wie im Vertrieb ist es für der Beständigkeit des Unternehmens zuträglich, die Abhängigkeit von der Person des Geschäftsführers auch in allen anderen Geschäftsbereichen zu minimieren. So ist sichergestellt, dass die Organisation auch nach seinem Ausscheiden effektiv alle Verantwortlichkeiten des Tagesgeschäfts bedient. Im Idealfall schafft es der Geschäftsführer in Vorbereitung des Unternehmensverkaufs seine persönlichen Fähigkeiten abseits der Mitarbeiterführung gänzlich überflüssig zu machen.

Ob diese Verantwortlichkeiten im Unternehmen wirklich klar definiert sind, lässt sich in vielen Fällen daran ablesen, ob die Bereichsleiter und Mitglieder der Geschäftsführung klar definierte und formalisierte Ziele haben. Ein guter Indikator hierfür ist die Existenz messbarer  unternehmensweiter Ziele und Resultate, etwa im Sinne der sog. “OKR”-Methode, die unabhängig vom Geschäftsführer verfolgt werden. Sie unterstreichen, dass die einzelnen Funktionen im Unternehmen effektiv und effizient ineinandergreifen, gemeinsame Ziele verfolgen  und nicht abhängig von der ineffizienten kleinteiligen Steuerung des Geschäftsführers sind.

Ein weiterer Vorteil klar definierter Verantwortlichkeiten und Ziele ist die Resilienz der Organisation gegenüber Fluktuation und Verrentung von Mitarbeitern.  In Kombination mit klar definierten Recruiting- und Onboarding-Prozessen kann das Unternehmen so effektiv auf Kündigungen und andere Veränderungen der Belegschaft reagieren, dass Disruption und Produktivitätsausfall minimal bleiben. 

Finanzplanung

Insbesondere in Vorbereitung eines Unternehmensverkaufs ist es unerlässlich, die Finanzplanung des Unternehmens transparent und wahrheitsgemäß zu dokumentieren. Nur so können potentielle Investoren die Annahmen der Gesellschafter zur finanziellen Entwicklung des Unternehmens prüfen,  historische Plan- und Ist-Werte vergleichen und sich eine Meinung über die Situation des Unternehmens und die Fähigkeiten des Managements bilden. Existiert ein strukturierter Budgetierungsprozess und wurden Markt- und Wachstumschancen in der Vergangenheit korrekt eingeschätzt, sind dies Indizien für ein  vorhersehbares und wiederholbares Geschäftsmodell, das auch nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers weiter funktionieren wird. 

Umsatz

Während organisatorische Themen eine notwendige Voraussetzung für den fortgesetzten Unternehmenserfolg sind, drückt sich dieser vorrangig in den Geschäftszahlen aus. Potentielle Investoren schauen hier häufig zuerst auf die Entwicklung des Umsatzes der letzten fünf Jahre und identifizieren im Austausch mit dem Unternehmen, welche Faktoren seine Entwicklung aktuell und in Zukunft beeinflussen werden. Ziel des Investoren ist es hierbei in der Regel, das Risiko seiner Beteiligung akkurat einschätzen zu können.  

Diese Risikobewertung der Umsatzfaktoren erfolgt normalerweise nicht nur in der ausführlichen Commercial Due Diligence, sondern bereits vorher in Gesprächen mit dem Management sowie bei der Durchsicht der Jahresabschlüsse und anderer relevanter Informationen. 

Art der Umsätze

Umsätze können verschiedene Formen annehmen. Grundsätzlich wird zwischen nicht wiederkehrenden und wiederkehrenden Umsätzen unterschieden. 

  • Nicht wiederkehrende Umsätze sind sämtliche Umsätze, die einmalig mit einem Kunden generiert werden. So fällt zum Beispiel der Verkauf einer Sondermaschine, eines Pakets Kabelbinder oder einer Kiste Orangen in diese Kategorie. Ebenso ist ein einmaliges Dienstleistungsprojekt, etwa ein Werkvertrag, als nicht wiederkehrender Umsatz zu kategorisieren. Die  Vorhersagbarkeit dieser Umsätze hängt sehr stark von der Fähigkeit der Vertriebsorganisation ab, sie in jedem neuen Geschäftsjahr wieder zu generieren. Grundsätzlich gilt: je größer der Anteil der nicht wiederkehrenden Umsätze, desto wichtiger sind Exzellenz im Vertrieb und eine diverse Kundenbasis.

  • Wiederkehrende Umsätze beruhen nicht auf einer einmaligen Transaktion, sondern sind längerfristig planbar. So sind zum Beispiel im Vertrieb von Softwareprodukten Wartungsverträge üblich, bei denen ein prozentualer Anteil der Lizenzkosten jedes Jahr für die Wartung veranschlagt wird. In einer Software-as-a-Service-Struktur sind Wartung und  Miete in einem monatlichen oder jährlichen Abo-Paket gebündelt. Ähnlich verhält es sich bei vielen E-Commerce-Unternehmen, die Ihren Kunden Subskriptionen (bspw. für Müsli, Essenszutaten, Kaffee, Rasierklingen) verkaufen und somit mit einem Kunden regelmäßig wiederkehrende Umsätze generieren. Ist ein Großteil des Umsatzes wiederkehrend, können potentielle Investoren sicher sein,  dass weitere Vertriebsaktivitäten auch zusätzliche Umsätze generieren und nicht ausschließlich existierende Umsätze substituieren.

Selbstredend ist es nicht in jedem Geschäftsmodell erstrebenswert und auch  umsetzbar, einen hohen Anteil an wiederkehrenden Umsätzen zu generieren. Nichtsdestotrotz kann durch vertragliche Festlegungen, etwa durch Rahmenverträge mit Mindestabrufmengen die Umsatzstruktur stabiler und vorhersehbarer gestaltet werden. Ist dies nicht möglich, sind Vertriebsprozesse und Kundenbasis die zentralen Hebel, um das Unternehmen für einen Investor dennoch attraktiv zu machen.

Kosten

Auch die Struktur der Kosten, aus die Aufwände die jährlich zum Erzielen der Umsätze entstehen, sind für einen externen Investor stets relevant. Dies kann aus verschiedenen Blickwinkeln der Fall sein: Ein Unternehmen, welches sich beteiligen möchte, kann beispielsweise bestimmte Synergien im Vertrieb und Marketing sehen und rechnet somit die Personal-, Reise- und Werbekosten, welche diesen Funktionen zugeordnet werden können, raus.

Grundsätzlich ist die Optimierung der Kostenbasis ein mächtiger Hebel zur Steigerung der Profitabilität des Unternehmens. Gerade bei niedrigem Umsatz- und Gewinnwachstum in gesättigten Märkten wird ein neuer Eigentümer Maßnahmen zur Optimierung  der Profitabilität legen. Bei der Analyse der Kostenbasis schaut ein Investor meist auf folgende Metriken:

  • Unit Economics / Gewinn pro verkaufter Einheit: In traditionellen Geschäftsmodellen errechnet sich der  Gewinn pro Produkt (Rohmarge) als Ergebnis des Preises abzüglich der zur Produktion angefallenen Materialkosten (“Cost of Good Sold”, “COGS”). Diese Rohmarge ist im produzierenden Gewerbe oftmals bei großen Stückzahlen größer, weil der Preis der benötigten Rohmaterialien durch Skaleneffekte niedriger wird. Darüber hinaus sind aber auch alle weiteren Kosten, die während der Anbahnung des Produktverkaufs anfallen, zu betrachten.

  • Bei Geschäftsmodellen, die auf einer Vielzahl von einmaligen Transaktionen beruhen, sind zur Berechnung der Unit Economics auch die Kosten zur Akquisition eines zahlenden Neukunden (“Customer Acquisition Cost”, “CAC”) einzubeziehen. Im Idealfall besteht  nach Abzug von COGS und CAC vom Verkaufspreis immer noch eine solide Marge.

Wenn diese nicht besteht, kann dies unter gewissen Umständen gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der mit Neukunde mit hoher Wahrscheinlichkeit über mehrere Einzeltransaktionen in der Zukunft die Kosten für die Anwerbung zurückzahlt. In Abonnement-Geschäftsmodellen  kann die initiale Marge gering oder sogar negativ sein, weil davon ausgegangen werden kann, dass der Kunde die dem Unternehmen entstandenen Kosten über die Dauer seiner Subscription mehr als zurückzahlen wird.

  • Gemeinkosten/Overhead: Abseits von COGS und CAC ist die Struktur der Gemeinkosten (engl. “Overhead”) ein wichtiger Prüfstein für Investoren. Im Overhead werden alle Kosten zusammengefasst, die nicht direkt der Produktion eines verkaufsfähigen Produkts zugerechnet werden können. Sie umfassen u.a. Gehälter der Geschäftsführung, Mieten und Energiekosten. Insbesondere in kleineren Unternehmen kommt es dabei vor, dass sich die Gründungsgesellschafter  hohe Gehälter zahlen. Diese Praxis ist vollkommen in Ordnung, solange sie selbst die Mehrheitseigner des Unternehmens sind. Für einen potentiellen Investoren ist sie dagegen nachteilig, weil er als potentieller neuer Mehrheitseigentümer ein Interesse daran hat, dass ein möglichst hoher Anteil der Überschüsse aus den Unternehmensoperationen an ihn ausgeschüttet wird. Exzessive Management-Gehälter und damit unnötig hohe Overhead-Kosten schmälern diesen Überschuss. .

Ein akkurates Verständnis der Overhead-Kosten ist also unerlässlich für eine informierte Investitionsentscheidung.  Der Verkäufer wiederum kann dem Investoren als Zeichen seines guten Willens proaktiv aufzeigen, welche Kosten für den reibungslosen Betrieb des Unternehmens nicht zwangsläufig notwendig sind. Diese Kosten können dann im Anschluss auf das Betriebsergebnis (EBIT) addiert werden und führen zu einer - auf dem Papier - höheren Profitabilität, welche wiederum ein maßgeblicher Treiber für den Kaufpreis ist.

  • Geschäftsführergehälter & Boni-Vereinbarungen: Die Problematik hoher Geschäftsführergehälter unter Investorenbeteiligung wurde bereits im vorigen Abschnitt erörtert. Es gilt: Ist ein Gesellschafter nicht auch gleichzeitig Lohnempfänger der Gesellschaft, bedürfen  überhöhte Geschäftsführergehälter besonderer Rechtfertigung.

Will ein Investor sich also ein akkurates Bild von der Profitabilität des Unternehmens machen und auf dieser Grundlage Anpassungen vornehmen, muss er genaues Verständnis der Gehälterstruktur haben.  Dies gilt grundsätzlich für alle Positionen im Unternehmen, aber insbesondere für die Geschäftsführergehälter.

Wenn eine Differenz zwischen dem aktuellen Geschäftsführergehalt und dem Marktniveau identifiziert wurde, kann dies auf das Betriebsergebnis addiert werden und führt so zu einer leicht verbesserten, adjustierten Profitabilität. Häufig herrscht Uneinigkeit darüber, welcher Wert dem tatsächlichen Marktniveau entspricht. Der Investor hat hier den Anreiz, dieses als möglichst gering anzunehmen , während ein Geschäftsführer – gerade dann, wenn er nach der Transaktion im Unternehmen tätig bleiben wird – es aus Eigeninteresse höher anlegt.

  • Dienstwagen / Reisekosten / Miete etc.: Für die Beurteilung aller weiteren Kosten wird ein potentieller Investor drei Kriterien nutzen. Zuerst, wie die Kosten sich über die Zeit entwickelt haben; weiter, wie hoch sie im Vergleich zu Marktpreisen sind; und drittens, wie “angemessen” die Kosten im Vergleich zu ihrem Nutzen sind.

Wenn beispielsweise die Reisekosten in den letzten Jahren stark gewachsen sind, aber keine höheren Umsätzen erzielt oder eine veränderte Vertriebsstruktur aufgebaut wurde, sollte diesem Missverhältnis im beiderseitigen Interesse auf den Grund gegangen werden. In vielen Fällen gibt es valide Gründe für derlei Auffälligkeiten. Aus Investorensicht allerdings sind sämtliche Entwicklungen, die sich nicht linear verhalten, bis zur vollständigen Klärung  kritisch zu bewerten.

Ein “Verhältnis zu Marktpreisen” ist insbesondere im bei Mietzahlungen relevant. Da  einige Unternehmen Wert auf ein repräsentatives Bürogebäude legen  ist es wichtig zu bestimmen, ob die gezahlte Miete ungefähr dem Marktniveau entspricht. Es gibt Szenarien, in  denen der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer gleichzeitig Besitzer und Vermieter der Büroimmobilie ist und sich damit selbst aus Unternehmensmitteln eine überhöhte Miete zahlt. Diese indirekte Gewinnausschüttung ist analog zu überhöhten Management-Gehältern zum Nachteil potentieller Nachfolgeinvestoren und bedarf einer entsprechend rigorosen Prüfung.

Die Angemessenheit bestimmter Kosten ist insbesondere bei statusrelevanten Ausgaben wie etwa Dienstwagen zu beachten. Die Angemessenheit einer großen Dienstwagenflotte, die ausschließlich aus stark motorisierten Wagen im Premiumsegment besteht, darf bezweifelt werden. Häufig  nutzen Firmen solche Dienstwagen auch als indirekte Gehaltskomponente, indem sie ihre Mitarbeiter den Wagen auch in ihrer Freizeit nutzen lassenEs ist die Pflicht des Investors nachzuvollziehen, warum die Ausgaben für die Dienstwagen so hoch sind und abzuwägen, ob und unter welchen Umständen sie in der Zukunft zu rechtfertigen sind.

  • Kosten der Warenabgabe: Ein weiterer Aspekt, der aber meist direkt vom Verkäufer offengelegt wird, sind verhältnismäßig hohe Kosten der Warenabgabe.

Viele kleine Unternehmen, die für den Produktverkauf auf Lizenzen angewiesen sind, lagern diese Lizenzen in einer anderen Gesellschaft, deren Gesellschafterkreis mit dem des Unternehmens identisch ist.

Neben einigen steuerlichen Ersparnissen [bei der Nutzung der Lizenzen?] hat diese Konstruktion den Vorteil, dass die Lizenzen im Fall einer Insolvenz der operativen Gesellschaft vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt sind, weil sie in einer unabhängigen Rechtspersönlichkeit liegen.

Will ein Investor einen friktionslosen operativen Übergang nach dem Abschluss der Transaktion sicherstellen, muss er also die Lizenz-Gesellschaft ebenfalls erwerben. Gleichzeitig bedeutet ein solches Arrangement, dass das Unternehmen profitabler ist als aus der Gewinn- und Verlustrechnung initial erkenntlich.

Schlussbetrachtung: Kosten

Alle beleuchteten Kosten müssen vom Investor an einem Prüfstein bemessen werden: Sind sie für den erfolgreichen Weiterbetrieb des Unternehmens wirklich notwendig?  Der Verkäufer wird – insbesondere bei einem bis dato solide geführten Unternehmen – argumentieren, dass viele der bestehenden Kosten gar nicht notwendig seien und der neue Eigentümer durch einige Einschnitte zeitnah eine höhere Profitabilität als die aktuelle realisieren könne. Aus Käufersicht wird dies bei bestimmten Aspekten – überhöhte Management-Gehälter, teure Dienstwagenflotte, etc. – sicherlich bestätigt, allerdings müssen alle Einschnitte hinsichtlich nachrangiger Effekte geprüft werden. Das “Kürzen” der Dienstwagenflotte kann sich etwa so negativ auf die Motivation der Vertriebsmitarbeiter auswirken, dass ihre Verkaufsleistung stagniert und erfahrene Vertriebler kündigen. So gibt es üblicherweise bei der Analyse der Kostenbasis stets umfangreiche Diskussionen darüber, welche Kosten tatsächlich notwendig sind und welche nicht. Diese Diskussionen sind auch ein Werttreiber für den Kaufpreis, weshalb Verkäufer ihre Begründungen jedes einzelnen Kostenpostens gut vorbereiten sollten.