Die 55-Jahr Altersgrenze bei Unternehmensübergaben

In den nächsten Jahren wird in vielen Unternehmen die Frage der Nachfolge eine große Rolle spielen. Dies ist insbesondere auch der Tatsache geschuldet, dash die Generation der “Babyboomer”, also der geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1969, langsam das Rentenalter erreichen. Unternehmensnachfolgen werden meistens über Jahre hinweg geplant. Entweder wird ein Nachfolger intern aufgebaut, der dann auch die Unternehmensanteile übernimmt. Oder - sollte der interne Nachfolger die Anteile nicht übernehmen wollen / können -  so kann in solchen Fällen eine Lösung mit einem externen Investor gefunden werden.

Oftmals kommt dabei auch immer der Hinweis: “Vor ihrem 55. Lebensjahr sollten Sie Ihr Unternehmen auf keinen Fall verkaufen.." Was hat es damit auf sich? In diesem Artikel wollen wir – ganz komprimiert und ohne große Ausschweife in die Tiefen des Steuerrechts – aufzeigen, wann die 55-Jahr-Altersgrenze relevant ist und was dies für Unternehmer hinsichtlich einer möglichen Transaktion bedeutet.

Freibeträge bei Unternehmensverkauf, sofern der Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat

Um die Besonderheiten des Unternehmertums und die Komplexität beim Unternehmensverkauf abzubilden, hat der Gesetzgeber in der Tat bei Betriebsveräußerungen – bei denen der Unternehmer bereits das 55. Lebensjahr vollendet hat – einen Freibetrag vorgesehen, der auf die Veräußerungsgewinne anzuwenden ist ( § 16 Abs. 4 EStG ). Dieser Freibetrag kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden und beläuft sich auf 45.000€.

Wichtig dabei: Dieser Freibetrag verringert sich, sobald der Veräußerungsgewinn 136.000€ (Freigrenze) übersteigt.

Das führt zu folgender Dynamik, die in folgendem Schaubild illustriert werden soll:

55+Unternehmensverkauf+Steuern.png

Bei einem Veräußerungsgewinn, der 181.000€ übersteigt hat der Unternehmer keinen konkreten Vorteil mehr von dem Freibetrag. Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn ist dementsprechend gleich zum Veräußerungsgewinn.

Was im Umkehrschluss bedeutet: Der hohe, einmalige Freibetrag bei Unternehmensveräußerung für Unternehmer mit vollendetem 55. Lebensjahr ist primär bei kleinerer Unternehmensgröße (und somit geringerer Unternehmensbewertung & geringerem Verkaufspreis) relevant.

Ermäßigter Steuersatz ab 55. Lebensjahr auf Transaktionseinkünfte

Ist das alles? Nein, es gibt ab dem 55. Lebensjahr eine weitere Besonderheit, die es zu beachten gilt.

Nach § 34 Abs. 3 EStG kann der verkaufende Unternehmer einen Antrag auf einen ermäßigten Steuersatz stellen. Dieser wird in diesem Fall auf die “außergewöhnlichen Einkünfte” aus der Transaktion angewendet und beträgt meist 56% des durchschnittlichen Steuersatzes (auf das gesamte zu versteuernde Einkommen). Auch in diesem Fall gibt es eine Obergrenze: ab Veräußerungsgewinnen von fünf Millionen Euro, kann der ermäßigte Steuersatz nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Langfristige, vorausschauende Planung entscheidend, um steuerliche Vorteile voll auszuschöpfen

Fazit: Die Freibeträge, die der Gesetzgeber für Unternehmer ab dem 55. Lebensjahr bei Betriebsveräußerungen garantiert, sind hauptsächlich für Kleinbetriebe relevant. Die Vorteile eines geringeren Steuersatzes auf Antrag auf die außergewöhnlichen Einkünfte hingegen haben einen realen Einfluss darauf, welche Summe am Ende wirklich beim Unternehmer ankommt.

Eine gute und umfassende steuerliche Beratung ist für Unternehmer – schon bereits Jahre vor einer Unternehmensveräußerung - von großer Relevanz. Die 55-Jahr-Altersgrenze kann hier eine Rolle spielen, muss aber im Kontext weiterer steuerlicher Überlegungen betrachtet werden, die beste Marschroute zu definieren, die eine gerechte Entlohnung für das unternehmerische Lebenswerk bietet.

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Unser Artikel zur Sozialversicherungspflicht für GmbH-Geschäftsführer nach dem Verkauf eines Unternehmens.

Für Unternehmer, die vor der Frage der Unternehmensnachfolge stehen, empfehlen wir unser schlankes Buch: Wer kauft mein Unternehmen und warum?

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