Exkurs: Pensionsrückstellungen

Pensionsrückstellungen sind ein Thema, welches bei Unternehmensverkäufen immer wieder in den Fokus rückt. Deshalb wollen wir in diesem Artikel die die grundlegende “Mechanik” von Pensionsrückstellungen beleuchten.

Definition: Pensionsrückstellungen

Pensionsrückstellungen fallen als “ungewisse Verbindlichkeiten” in den Anwendungsbereich von §249 HGB.

§ 249 Rückstellungen / Handelsgesetzbuch (HGB)

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

  1. im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,

  2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.


Diese Rückstellungen sind auf Unternehmensebene Zahlungsverpflichtungen in der Zukunft, die einem Arbeitnehmer während eines existierenden Arbeitsverhältnisses unmittelbar zugesagt werden.

Oftmals werden diese Pensionszusagen an den Geschäftsführer ausgesprochen (der in vielen Fällen auch Hauptgesellschafter ist), grundsätzlich kann aber jeder Arbeitnehmer diese Pensionsansprüche vom Unternehmen erhalten.

Existenz betrieblicher Altersvorsorge in Unternehmen (in % / nach Betriebsgröße)

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Die Direktzusage von Pensionsansprüchen im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge hat insbesondere in Deutschland eine lange Tradition und stellt für viele Arbeitnehmer einen nicht zu verachtenden Teil ihrer Altersvorsorge da. Grundsätzlich ist die betriebliche Altersvorsorge in kleineren Betrieben zwar eher seltener anzutreffen, aber dennoch auch dort in fast 40% der Unternehmen etabliert.

Wie ist eine Pensionszusage ausgestaltet? Die vertraglichen Spezifika müssen wir hier nicht beleuchten, aber im Grundsatz müssen die essentiellen Fragen beantwortet werden:

  • Wann wird die Pensionszusage erteilt?

  • Wie hoch ist die Pensionszusage?

  • Ab wann wird die Pensionszusage erteilt? (Eintritt ins Rentenalter)

Exemplarisch: Die Ookam Software GmbH beschliesst am 01. Januar 2019 Ihrem Angestellten Peter Schmitz eine Pensionszusage zu erteilen. Die Pensionszusage soll ab dem Pensionseintrittsalter (Vollendung des 65. Lebensjahres) in Form einer monatlichen Rente von 40% des laufenden Monatsgehalts ausgezahlt werden.

Wie werden Pensionsrückstellungen in GuV und Bilanz behandelt?

Pensionsrückstellungen sind im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung als Lohn- und Gehaltsbestandteile einzuordnen. Dies geschieht im Posten “soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung). Dies ist insofern der Fall, als dass diese Lohnbestandsteile währen des Angestelltenverhältnisses monatlich einbehalten werden, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausgezahlt zu werden.

Die zukünftige Zahlungsverpflichtung wird dann passiviert und in der Bilanz unter  „Rückstellungen für Pensionen und andere Verpflichtungen“ (§ 266 Abs. 3 B 1 HGB) eingestellt. Die Zahlungsverpflichtung sind also eine Verbindlichkeit des Unternehmens.

Grundsätzlich gilt: die Höhe der Pensionsrückstellungen in der Bilanz muss dem Barwert der zukünftigen Pensionsansprüche entsprechen. Somit ergeben sich auch die monatlich in GuV zu verbuchenden Aufwände und in der Bilanz einzustellenden Rückstellungen.

Pensionsrückstellungen: Grundsätzliches

Aus Unternehmenssicht sind Pensionszusagen an Mitarbeiter sowohl ein Steuersparmodell (über die GuV) ohne großen Einfluss auf die Liquidität, eine gute Quelle für die Innenfinanzierung als auch valide Altersvorsorge. Doch viele Unternehmens haben die zukünftigen Verpflichtungen nur zu einem geringen Teil ausfinanziert, wie eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V., der forum! Marktforschung und PensionCapital ergab.

HGB-Rechnungszins (Durchschnitt) zur Ermittlung des Barwerts von Pensionsrückstellungen (Prognose)

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Was sich problematisch erweist, ist dass die Höhe der Rückstellungen in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Dies hat insbesondere mit den niedrigen Zinsen zu tun: Viele kleine und mittlere Unternehmen, die nicht nach IFRS sondern HGB bilanzieren, nutzen zur versicherungsmathematischen Berechnung der Rückstellungshöhe den HGB-Rechnungszins (Marktzins + Risikoaufschlag). Im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist dieser Wert in den letzten Jahren kontinuierlich gefallen. Zwar wurde auch zur Berechnung des HGB-Rechnungszins stets ein 7-Jahres-Durchschnitt genommen (bis 2015), welcher vor drei Jahren sogar auf einen 10-Jahres-Durchschnitt erweitert wurden. Dennoch sind die Effekte ähnlich: die Rückstellungsbeträge steigen weiter an und stellen oftmals einen sehr signifikanten Posten (langfristige - und unklare - Verbindlichkeiten) in der Bilanz eines kleineren Unternehmens dar.

Kurzfristig hat dies insofern den Effekt, dass die Eigenkapitalquote des Unternehmens sinkt und auch das Jahresergebnis geringer ausfüllt (Hinweis: die kann allerdings auch aus Steuerspar-Perspektive gewünscht sein). Die kann - je nach Ausmaß - dazu führen, dass die verfügbaren Finanzierungsinstrumente für das Unternehmen eingeschränkt werden, weil die Kreditwürdigkeit (Rating) sinkt.

Relevanz von Pensionsrückstellungen beim Unternehmensverkauf

Ein gravierendes Ausmaß nehmen hohe Pensionsrückstellungen in der Bilanz aber bei Unternehmensverkäufen an. Das “Nachfolgeproblem” bei kleinen und mittleren Unternehmen wird insofern weiter verschärft, als dass auf Käuferseite meist eine geringe Bereitschaft herrscht, die Pensionsverpflichtungen zu übernehmen. Da auf Verkäuferseite ebenfalls eine geringe Bereitschaft herrscht, den Kaufpreis mit dem Barwert der zukünftigen Pensionsansprüche zu verrechnen, gibt es in Verhandlungen oftmals unüberbrückbare Differenzen, die nicht selten zum Abbruch der Gespräche führen.

Da es keinen “Königsweg” gibt, empfiehlt es sich für Unternehmer / geschäftsführende Gesellschafter, das Thema der Pensionsrückstellungen möglichst früh mit dem Steuerberater zu besprechen und im Hinblick auf eine Unternehmensveräußerung zu planen. Die Möglichkeiten sind mit unterschiedlicher Komplexität, steuerlichen Effekten und Liquiditätsevents versehen, weshalb eine Pauschalempfehlung sich an dieser Stelle verbietet. Eine - nicht abschließende - Liste von Möglichkeiten könnte so aussehen:

  • Änderung der Pensionszusage (nur relevant für Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäfsführer)

  • Teilverzicht (nur relevant für Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäfsführer)

  • Auslagerung (bspw. Pensionsfond)

  • Abfindung / Einmalzahlung

  • Asset Deal (Verbleib der Pensionsansprüche in der GmbH)

In jedem Fall ist eine Optimierung der Struktur in Vorbereitung auf eine Transaktion notwendig, um die Verhandlungen zielorientiert zu gestalten. Es gibt leider keine Statistik dazu, wie viele Unternehmensverkäufe aufgrund der Rolle von Pensionsrückstellungen gescheitert sind, bzw. wie viele Angebote deshalb nicht ausgesprochen wurden. Dennoch ist die Relevanz nicht zu unterschätzen, und kompetente Beratung vom Steuerberater in diesen Fällen unerlässlich.